Felix Morsdorf

Bild: “forest islands” (Ort: Jurapark Aargau)

Geprägt von den langen Sommerferien der Kindheit und Jugend, die fast ausschliesslich am Meer stattfanden, in den urtümlich schönen und doch klar vom Menschen geformten Landschaften Irlands oder der Bretagne, beschloss ich, meine Bindung zum Meer in Form eines Studiums der Ozeanographie zu vertiefen. Mit Hilfe der Physik verstand ich fortan immer mehr von der Natur des Meeres, sie brachte Ordnung in das Chaos, ich scheiterte jedoch in meinem Ziel dem Meer näher zu sein, es wurde entzaubert und verlor für mich sein mystisches Wesen.

Als Kind habe ich angefangen zu fotografieren, und seitdem war für mich die Fotografie eine weitere Möglichkeit mich der Natur zu nähern und zu versuchen, Ihre Essenz festzuhalten. Die Faszination für die Interaktion von Licht, Atmosphäre und Landschaft habe ich bis heute behalten. Es beeindruckt mich immer wieder wie dieses Zusammenspiel in den richtigen Momenten eine Szene transformieren und, mit der richtigen Komposition, Ordnung in das Chaos der Natur bringen kann.

Wir leben im Anthropozän, in dem der Mensch zu einer geologischen Kraft wird, die Landschaften prägt und verändert. Beeinflusst durch die Schule der “anthroposcenes” in der britischen Gegenwartsfotografie, und mit dem Wissen als Naturwissenschaftler und dem Blick als Fotograf, setze ich mich mit diesen Veränderungen auseinander. Ich versuche dabei sowohl mit kontrastierenden Elementen zu arbeiten, also dem Menschen und seinen Objekten als Störung der Natur, als auch mit harmonischen Aspekten, wo durch anthropogene Einflüsse Ruhe und Sanftheit in die Natur gebracht werden, der Mensch quasi als Kurator der Landschaft wirkt. Wenn mir das gelingt, entstehen einzigartige Perspektiven auf die heutige Kulturlandschaft der Nordwestschweiz, meiner neuen Heimat.

Ein durchgehendes Narrativ meiner wissenschaftlichen Reise von Ozeanographie über Computergraphik hin zur Geographie und Fernerkundung ist die Freude an der Visualisierung von abstrakten Konzepten oder komplexen Daten. Dieser kreative Prozess prägt auch meine Fotografie, wo ich versuche prä-visualiserte Inhalte in Form einer Fotografie zu materialisieren, sei es mit Drohnen, Panoramen oder traditioneller Landschaftsfotografie. Im Gegensatz zur Wissenschaft geniesse ich es in der Fotografie Kontrolle über den kompletten Prozess – von der Idee, über die Ausführung der Aufnahme, bis hin zu Druck und Rahmung – zu haben.

Felix Morsdorf, Laufenburg, Frühjahr 2022